Gestaltungsmöglichkeiten individuell einsetzbar

Arzt mit Frau und Kind im HintergrundEs ist für alle berufstätigen und familienwilligen Ärzte ein wichtiges Thema: Wie können eigene Kinder und die berufliche Karriere sinnvoll kombiniert werden?

Denn die heutige Arztgeneration möchte beide Wünsche vereinen können. Die Bedingungen dafür sind zum großen Teil in der Berufswelt gegeben. Für die jungen Ärzte und Ärztinnen mit Familienambitionen sind unter anderem eine Kinderbetreuung, geregelte Arbeitszeiten, Teilzeittätigkeiten, Befreiung vom Notdienst und Hilfe beim Wiedereinstieg in den Beruf, wichtige Voraussetzungen für einen attraktiven Arbeitsplatz.

Im stationären Bereich stellen sich viele Kliniken immer häufiger auf diese Wünsche ein: Nunmehr gehört es zum guten Portfolio Kinderbetreuung, Teilzeitstellen, Ferienbetreuung und die Umsetzung von angepassten Weiterbildungsordnungen für Ärzte, die Familienzeiten berücksichtigt, anzubieten.

Des Weiteren entstehen Plattformen und Netzwerke beispielsweise an Unikliniken und innerhalb verschiedener Arztverbände, um einen Erfahrungsaustausch Betroffener rund um die Karriereplanung mit Familie zu ermöglichen. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind mit Timesharing vielfältig Im ambulanten Bereich sind die beruflichen Gestaltungsmöglichkeiten für Mediziner ebenfalls sehr vielfältig. Ein aktueller Trend ist, die verschiedenen Kooperationsmöglichkeiten im ärztlichen Bereich zu nutzen.

Das Stichwort hierzu lautet: Timesharing.

Einen Überblick über diese Gestaltungsmöglichkeiten in der Niederlassung gaben Rechtsanwalt Dipl. Betriebswirt Theo Sander aus Münster und Beraterin Annette Kruse-Keirath aus Rheine auf einem Seminar der Deutschen Apotheker und Ärztebank: „Praxis und Familie erfolgreich kombinieren. Individuelle Karriere und Lebensplanung für Mediziner“ am 18.11.2015 in Potsdam. Für die niedergelassenen Ärzte gibt es mehrere Möglichkeiten, sich beruflich zu positionieren. Möchte man eine neue Existenz gründen oder eine bewährte Praxis übernehmen? Oder mit anderen Ärzten in einer Art „Betriebsehe“ zusammenarbeiten?

„Es gilt dabei zu berücksichtigen, welche rechtlichen Möglichkeiten es beinhaltet und welches finanzielle Modell dabei das geeignetste ist“, so Sander. Letztendlich gibt es nur persönliche Lösungswege und kein Allerweltsmodell für die persönliche Berufs- und Lebensplanung. Es ist von Vorteil, sich so früh wie möglich zu überlegen: Wo passe ich mit meiner Lebensplanung und meinen beruflichen Interessen am besten hin? „Erfolgreiche Menschen sind erfolgreich, wenn sie ganz sie selbst sein können“, weiß Kruse-Kreirath.

Multi-Tasking-Tätigkeit als eigener Chef

Als eigener Chef in der Praxis trägt man das unternehmerische Risiko und praktiziert einen ausgeprägten Multi-Tasking-Job. Es bietet Vorteile, wie beispielsweise ein selbstbestimmtes Arbeiten, gute Einkommensperspektiven und eine freie Arbeitszeiteinteilung innerhalb einer Sprechstundentätigkeit von mindestens 20 Stunden. Denn ein Arzt mit einer Vollzeit-KV-Zulassung hat einen Sicherstellungsauftrag bzw. Versorgungsauftrag zu erfüllen, der besagt, dass mindestens 20 Stunden pro Woche an Sprechstunden für gesetzlich versicherte Patienten angeboten werden müssen.

Diese sollten so verteilt werden, dass der Arzt jeden Tag in der Praxis ist. „Es besteht eine Präsenspflicht gegenüber dem versicherten Patienten“, so Sander. Für die Elternzeit kann ein Entlastungsassistent (Sicherstellung) für bis zu 36 Monate bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beantragt und genehmigt werden. Diese Zeit muss nicht zusammenhängend genommen werden. So ist zum Beispiel ein Jahr Auszeit bei der Geburt des Kindes denkbar und ein weiteres bei der Einschulung.

In Bezug auf die Familienplanung ist es möglich vor und nach der Geburt des Kindes, sich für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren vom Not-/Bereitschaftsdienst befreien zu lassen. Außerdem gibt es, laut Kruse-Keirath, staatliche Förderprogramme für den Aufbau einer eigenen Kinderbetreuungseinrichtung mit oder ohne anderen Kollegen.

Eine weitere Möglichkeit ist, die Zulassung ruhen zu lassen oder sie mit einem Kollegen zu teilen (Jobsharing).

Zulassung halbieren

„Für einen Teilversorgungsauftrag ist es möglich, eine bestehende Zulassung zu halbieren (vierteln ist nicht möglich) mit einer Präsenspflicht von mindestens zehn Sprechstunden pro Woche“, erläutert Sander. Diese Teilzulassung kann als Einzelpraxis geführt und ausgeschrieben werden. Damit reduziert sich die Arbeitszeit auf eine Präsenzpflicht von mindestens zehn Stunden. Denkbar ist auch die Zusammenfassung von zwei halben Zulassungen zu einer Gemeinschaftspraxis.

Etwas anderes ist das „Jobsharing“-Modell (auch in einem gesperrten Gebiet). Hier nutzen zwei Ärzte eine Zulassung mit entsprechend geteiltem mit minimal erhöhtem Budget (3 %). Bei zwei halben Zulassungen besteht allerdings unter Umständen das Risiko, dass die Zulassung später nicht mehr in eine volle zurückverwandelt werden kann. Die Patientenversorgung und Abrechnung erfolgen auf gemeinsamer Rechnung.

Das Jobsharing kann als gleichberechtigte Partner (z. B. Berufsausübungsgemeinschaft (BAG)/Gemeinschaftspraxis) oder als Vertragsarzt (im angestellten Verhältnis beim Praxisinhaber) genutzt werden. Das Jobsharing in einer Gemeinschaftspraxis bietet den Vorteil, dass nach fünf Jahren eine privilegierte Berücksichtigung des Partners durch den Zulassungsausschuss bei Praxisabgabe nach mindestens 5-jähriger gemeinsamer Tätigkeit erfolgt. Nach zehn Jahren gemeinschaftlicher Tätigkeit kommt sogar eine KV-Zulassung hinzu. „Diese Vorteile entwickeln sich bei einem Angestellten Verhältnis als Vertragsarzt über den gleichen Zeitraum hinweg nicht“, so Sander.

Gemeinschaftspraxis und Praxisgemeinschaft

Bei einer Gemeinschaftspraxis können sich auch Ärzte mit jeweils eigener Zulassung verbinden. Sie agieren als gemeinsames „Unternehmen“ und nutzen die Abrechnungsmöglichkeiten, Personal, Räume und Geräte gemeinsam. Es kann Zeitersparnisse bringen, weil die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt werden können. Außerdem können die Arbeits-, Urlaubs- und Familienzeiten flexibel gestaltet werden, trotz dem die zeitliche und arbeitstechnische Auslastung für die Gemeinschaftspraxis unter Umständen hoch bleibt.

„Dabei gibt es zu bedenken, dass wenn umso mehr Partner beteiligt sind, desto größer wird der Kommunikations- und Abstimmungsbedarf“, so Kruse-Keirath. Eine Bedingung ist auch, dass sich alle Beteiligten über die genaue Gewinn- und Kostenverteilung einig sind. Alle Partner tragen ein wirtschaftliches Risiko über den Gewinn oder den Verlust der Praxis. Es werden Gewinnanteile und nicht etwa ein Gehalt vergütet. Hier besteht die Schwierigkeit, laut Kruse-Keirath, die Werthaltigkeit der einzelnen Leistungen der beteiligten Ärzte einzuordnen. In einer Praxisgemeinschaft bleiben die Ärzte unternehmerisch getrennt. Sie entscheiden jeder für sich über die eigenen Sprech- und Urlaubszeiten. Es werden lediglich die Räume, Personal und Geräte gemeinschaftlich genutzt.

Angestelltenzulassung

Bei einer Angestelltenzulassung in einer Vertragsarztpraxis oder auch im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) hat der anstellende Vertragsarzt eine weitere KV Zulassung und die vollen Abrechnungsmöglichkeiten. „In Bezug auf die Familienplanung kann eine Anstellung Vorteile bieten. Denn als angestellter Arzt trägt man kein unternehmerisches Risiko und hat ein geregeltes Einkommen und flexibel regelbare Arbeitszeiten“, so Kruse-Keirath.

„Als Angestellter Arzt auf einer KV Zulassung in einer Vertragsarztpraxis können die Arbeitszeiten flexibel gestaltet, halbiert oder auch geviertelt werden“, ergänzt Sander. Teilzeit bedeutet aber auch, dass die Budgets geteilt sind. Als Nachteile für eine Angestelltenzulassung zu bewerten sind ein weisungsgebundenes Arbeiten, keine völlig freie Zeiteinteilung sowie gedeckelte Einkommensperspektiven. Der angestellte Arzt bekommt ein festes Gehalt je nach Arbeitszeit oder ein Fixgehalt mit Umsatzbeteiligung zwischen 24 bis 33 Prozent (je nach Fachgruppe).

Arbeitgeber im ambulanten oder stationären Bereich werden attraktiv, wenn die Arbeitszeiten planbar sind, es eine organisierte Kinderbetreuung gibt und familienkonforme Sprechzeiten möglich sind.

Fazit: Ein Plan muss her

Die Gestaltungsmöglichkeiten für Ärzte mit Kinderwunsch sind vielfältig. Jetzt gilt es, aus dieser Vielfalt das Richtige für den persönlichen Lebensweg herauszufiltern. „Dabei sollte nichts überstürzt werden, denn eine gute Planung ist aller Erfolge Anfang“, rät Kruse-Keirath. Wer seine Ziele kennt und diese umsetzt, ist persönlich zufrieden und beruflich erfolgreich. In diesem Zusammenhang ist der Entwurf eines Geschäftsplans in Bezug auf eine mögliche Praxistätigkeit sinnvoll, um zu erkennen, ob eine Timesharing-Idee persönlich und finanziell tragfähig ist. Die Stärken und Schwächen dieses Plans werden damit im Vorfeld abgewogen, so dass im Zweifel die Strategie geändert werden kann.


Dr. rer. nat. Christine Willen